- Brest
- Brẹst,1) Stadt im Département Finistère, Frankreich, an der felsigen, 25 km langen Bucht von Brest (Rade de Brest) im Westen der Bretonischen Halbinsel, 147 900 Einwohner. Brest hat Universität (ursprünglich 1432 gegründet, 1970 neu gegründet), ozeanographisches Forschungsinstitut und Marineschulen; Werften, Elektro-, elektronische u. a. Industrie; Flughafen. - Dank seiner weit gegen den Ozean vorgeschobenen Lage ist Brest wichtiger Kriegs- und Handelshafen, der durch einen 2 km breiten, stark befestigten Zugang geschützt ist. Der Küstenfluss Penfeld, dessen Mündungstrichter den eigentlichen Kriegshafen enthält, teilt Brest in die Altstadt mit Schloss (13.-17. Jahrhundert) auf vorgeschobenem Hügel und den Stadtteil Recouvrance.Brest, in gallorömischer Zeit der Hafen Gesocribate, im Mittelalter zunächst Teil der Grafschaft León, kam 1240 an die Herzöge der Bretagne, im frühen 16. Jahrhundert an die französische Krone. Unter Richelieu, Colbert und Vauban wurde Brest zum wichtigsten französischen Kriegshafen ausgebaut; im Zweiten Weltkrieg bedeutende, schwer bombardierte deutsche U-Boot-Basis.2) bis 1921 Brẹst-Litọwsk, 1921-39 polnisch Brześć nad Bugiem ['bʒeɕtɕ nad 'bugjem], Gebietshauptstadt in Weißrussland, am Muchawez unmittelbar vor dessen Mündung in den Bug, 289 000 Einwohner; Ingenieurhochschule; Maschinenbau, Textil-, Nahrungsmittelindustrie. Als Grenzbahnhof zu Polen (Wechsel der Spurweite) und Hafen am Westende des Dnjepr-Bug-Kanals ist Brest ein bedeutender Umschlagplatz.Die slawische Siedlung Brest, 1017 erstmals genannt, gehörte im 11. Jahrhundert zum Fürstentum Turow, von 1044 bis Mitte des 12. Jahrhunderts zu Kiew, danach zu Wolhynien und wurde 1319 von Litauen erobert (Brest-Litowsk). Seit 1569 polnisch, kam die Stadt nach der 3. Polnischen Teilung 1795 an Russland, 1921 an Polen und 1939 an die UdSSR.Der Friede von Brest-Litowsk wurde am 3. 3. 1918 zwischen dem neuen Sowjetrussland und den Mittelmächten (Deutsche Reich, Österreich-Ungarn, Bulgarien und Türkei) geschlossen. Am 8. 11. 1917 forderte Lenin alle Krieg führenden Mächte zum Friedensschluss auf. Am 6. 12. kam es zum Waffenstillstand an den russischen und ukrainischen Fronten. Die Mittelmächte strebten eine klassische vertragliche Friedensregelung an, die Sowjets dagegen zielten auf einen revolutionären Friedenszustand ab (Aufruf an die Völker, sich gegen ihre Regierungen zu erheben, an die Soldaten zum Ungehorsam). Die Friedensverhandlungen wurden unter diesen unterschiedlichen Erwartungen am 22. 12. aufgenommen; Deutschland war durch den Staatssekretär des Auswärtigen Amts, R. von Kühlmann, und General M. Hoffmann (als Vertreter der Obersten Heeresleitung), Österreich-Ungarn durch O. Graf Czernin, Russland durch A. A. Joffe, später durch L. D. Trotzkij vertreten. Am 9. 2. 1918 schlossen die Mittelmächte und die antibolschewistische Ukrainische Volksrepublik einen Sonderfrieden. Dem sowjetischen Verhandlungsabbruch begegneten die Mittelmächte mit einem durch militärischen Druck begleiteten Ultimatum. Sie diktierten am 3. 3. 1918 den Frieden, durch den Russland Polen, Litauen, Kurland und die Ukraine (die formal selbstständig, tatsächlich aber unter deutschem Einfluss blieben) sowie Gebiete im Süden Armeniens abtreten musste. Der neue Sowjetstaat verlor damit rd. 1,4 Mio. km2 Staatsgebiet mit 60 Mio. Einwohner sowie etwa 75 % seiner Eisen- und Stahlindustrie. Dem Diktatfrieden vorausgegangen waren interne Auseinandersetzungen auf beiden Seiten: auf deutscher Seite hatte sich E. Ludendorff mit seinen harten, militärstrategischen Forderungen durchgesetzt, auf russischer Seite Lenin, der eine Atempause für die innere Konsolidierung seines Regimes benötigte. Im Berliner Zusatzvertrag vom 27. 8. 1918, durch den Russland auch die Unabhängigkeit Estlands, Livlands und Georgiens anerkannte, verpflichtete es sich, an Deutschland 6 Mrd. Goldmark Entschädigung zu zahlen. In Geheimzusätzen wurde ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen Ententetruppen in Murmansk und Baku festgelegt. Der Waffenstillstand von Compiègne am 11. 11. 1918 setzte den Friedensvertrag und den Ergänzungsvertrag außer Kraft.J. J. Wheeler-Bennett: Brest-Litowsk, the forgotten peace (London 1938);W. Steglich: Die Friedenspolitik der Mittelmächte 1917/18 (1964);W. Baumgart: Dt. Ostpolitik 1918 (1966);W. Bihl: Österreich-Ungarn u. die Friedensschlüsse von Brest-Litowsk (Wien 1970);Der Friede von Brest-Litowsk, bearb. v. W. Hahlweg (1971).
Universal-Lexikon. 2012.